Ich habe gehört, dass bei einer Gelegenheit sich der Erhabene in der Nähe
von Rajagaha im Bambushain, am Fütterungsplatz der Eichhörnchen, aufhielt. Dann begab sich der Erhabene in den frühen
Morgenstunden, nachdem er seine Robe angezogen hatte, seine Schale und äußere
Robe tragend, nach Räjagaha für Almosenspeisen.
Kassapa, der tuchlose (1) Asket, sah ihn von weitem kommen. Als er ihn sah, begab er sich zu ihm und tauschte beim Eintreffen höfliche Grüsse mit ihm aus. Nach
einem Austausch von freundlichen Grüssen und Höflichkeiten trat er zur
Seite. Als er da stand, sprach er zum Erhabenen:
„Wir würden Meister Gotama gerne zu einem bestimmten Punkt befragen, wenn
er sich die Zeit nähme, um unsere Fragen zu beantworten."
„Dies ist nicht die Zeit für eine Frage, Kassapa. Wir haben (die Strasse) zwischen den Häusern betreten."
„Dies ist nicht die Zeit für eine Frage, Kassapa. Wir haben (die Strasse) zwischen den Häusern betreten."
Ein zweites Mal sprach Kassapa, der tuchlose Asket, zu ihm:
„Wir würden Meister Gotama gerne zu einem bestimmten Punkt befragen, wenn
er sich die Zeit nähme, um unsere Fragen zu beantworten."
„Dies ist nicht die Zeit für eine Frage, Kassapa. Wir haben (die Strasse) zwischen den Häusern
betreten."
Ein drittes Mal sprach Kassapa, der tuchlose Asket, zu ihm:
„Wir würden Meister Gotama gerne zu einem bestimmten Punkt befragen, wenn
er sich die Zeit nähme, um unsere Fragen zu beantworten."
„Dies ist nicht die Zeit für eine Frage, Kassapa. Wir haben (die Strasse) zwischen den Häusern betreten."
„Dies ist nicht die Zeit für eine Frage, Kassapa. Wir haben (die Strasse) zwischen den Häusern betreten."
Nach diesen Worten sagte Kassapa, der tuchlose Asket,:
„Es ist nicht viel, was wir fragen wollen."
„Dann frage, wenn du möchtest."
„Meister Gotama, ist Stress (dukkha) selbst bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist er fremd bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist er selbst bewirkt als auch fremd bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist es der Fall, dass Stress, da er weder selbst bewirkt noch fremd bewirkt ist, spontan entsteht?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann gibt es keinen Stress?"
„Dann frage, wenn du möchtest."
„Meister Gotama, ist Stress (dukkha) selbst bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist er fremd bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist er selbst bewirkt als auch fremd bewirkt?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann ist es der Fall, dass Stress, da er weder selbst bewirkt noch fremd bewirkt ist, spontan entsteht?"
„Sage das nicht , Kassapa."
„Dann gibt es keinen Stress?"
„Es ist nicht der Fall, Kassapa, dass es keinen Stress gibt. Es gibt Stress."
„Nun, in diesem Fall kennt und sieht Meister Gotama Stress nicht?"
„Kassapa, es ist nicht so, dass ich Stress nicht kenne und nicht sehe. Ich kenne Stress. Ich sehe Stress."
„Nun, auf die Frage:
‚Meister Gotama, ist Stress selbst bewirkt?’, antwortet ihr:
‚Sage das nicht, Kassapa.’
„Auf die Frage:
‚Dann ist er fremd bewirkt?’, antwortet ihr:
‚Sage das nicht, Kassapa.’
‚Dann ist er fremd bewirkt?’, antwortet ihr:
‚Sage das nicht, Kassapa.’
„Auf die Frage:
‚Dann ist er selbst bewirkt als auch fremd bewirkt?’, antwortet ihr:
‚Sage das nicht, Kassapa.’
„Auf die Frage:
‚Dann ist es der Fall, dass Stress, da er weder selbst bewirkt noch fremd bewirkt ist, spontan entsteht?’, antwortet ihr:
‚Sage das nicht, Kassapa.’
„Auf die Frage:
‚Dann gibt es keinen Stress?’, antwortet ihr:
‚Es ist nicht der Fall, Kassapa, dass es keinen Stress gibt. Es gibt
Stress.’
„Auf die Frage:
‚Nun, in diesem Fall kennt und sieht Meister Gotama Stress nicht?’, antwortet ihr:
‚Kassapa, es ist nicht so, dass ich Stress nicht kenne und nicht sehe. Ich kenne Stress. Ich sehe Stress.’
Dann erklärt mir Stress, erhabener Herr. Belehrt mich über Stress,
erhabener Herr!"
„,Wer handelt, ist jener, der (die Folgen der Handlung) erfährt’ läuft auf die Ewigkeits-Behauptung hinaus:
von Anfang an bestehend, ist Stress selbst bewirkt.
‚Wer handelt, ist ein anderer als jener, der (die Folgen der Handlung)
erfährt’ (2) läuft auf die Vernichtungs- Behauptung hinaus:
für den Existierenden, dem Gefühl auferlegt ist, ist Stress fremd bewirkt.
„Diese beiden Extreme vermeidend, lehrt der Tathagata das Dhamma der Mitte:
Von Unwissenheit als erforderliche
Bedingung kommen Gebilde (sankhāra).
Von Gebilden als erforderliche Bedingung kommt Bewusstheit (viññana).
Von Bewusstheit als erforderliche
Bedingung kommen Name und
Form.
Von Name und Form als erforderliche
Bedingung kommen die sechs Sinnesträger.
Von den sechs Sinnesträgern
als erforderliche Bedingung
kommt Kontakt.
Von Kontakt als erforderliche
Bedingung kommt Gefühl.
Von Gefühl als erforderliche
Bedingung kommt Begehren.
Von Begehren
als erforderliche
Bedingung kommt Anhaften/Ernährung.
Von Anhaften/Ernährung als erforderliche
Bedingung kommt Werden.
Von Werden als erforderliche
Bedingung kommt Geburt.
Aus Geburt als erforderliche
Bedingung erfolgen Alterung, Tod, Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung.
Derart ist die Entstehung dieser ganzen
Fülle an Stress und Leiden.
„Nun von dem restlosen Verblassen und der Beendigung genau dieser Unwissenheit kommt die Beendigung von Gebilden.
Von der Beendigung von Gebilden
kommt die Beendigung von
Bewusstheit.
Von der Beendigung von Bewusstheit kommt die Beendigung von Name und Form.
Von der Beendigung von Name und Form kommt die Beendigung der sechs Sinnesträger.
Von der Beendigung der sechs Sinnesträger kommt die Beendigung von Kontakt.
Von der Beendigung von Kontakt kommt
die Beendigung von Gefühl.
Von der Beendigung von Gefühl kommt
die Beendigung von Begehren.
Von der Beendigung von Begehren kommt die
Beendigung von Anhaften/Ernährung.
Von der Beendigung von Anhaften/Ernährung kommt die Beendigung von Werden.
Von der Beendigung von Werden kommt die Beendigung von Geburt.
Durch die Beendigung von Geburt erlöschen
Alterung, Tod, Kummer, Klagen,
Schmerz, Gram und Verzweiflung.
Derart ist die
Beendigung dieser ganzen
Fülle an Stress und Leiden.“
Nach diesen Worten sagte Kassapa, der tuchlose Asket:
„Großartig, Herr. Großartig! Als ob er aufrecht stellen würde, was
umgestürzt war, enthüllen würde, was verborgen war, dem Verlorenem den Weg
zeigen würde oder eine Lampe in die Dunkelheit tragen würde, so dass jene mit
Augenlicht Formen sehen könnten,
in gleicher Weise hat der Erhabene - durch viele Denkweisen - das Dhamma
klar gemacht. Ich nehme Zuflucht beim Erhabenen, im Dhamma und in der
Mönchsgemeinschaft. Möge der Erhabene sich an mich als Laiengetreuen
erinnern, der von diesem Tag an Zuflucht genommen hat, fürs Leben."
„Jeder, Kassapa, der zuvor einer anderen Sekte angehörte und Auszug (in das Leben eines Wandermönchs) und die Mönchsweihe in dieser Lehre und Ordensschulung wünscht, muss sich zuerst einer Bewährung von vier Monaten unterziehen. Wenn am Ende von vier Monaten die Mönche entschlußkräftig sind, geben sie ihm den Auszug (in das Leben eines Wandermönchs) und die Mönchsweihe in den Mönchsstand. Aber ich kenne diesbezüglich Unterschiedlichkeit bei Personen."
„Herr, wenn das so ist, bin ich bereit, mich einer Bewährung von vier Monaten zu unterziehen. Wenn am Ende von vier Monaten die Mönche entschlußkräftig sind, sollen sie mir den Auszug (in das Leben eines Wandermönchs) und die Mönchsweihe in den Mönchsstand geben.“
Dann erhielt Kassapa, der tuchlose Asket, den Auszug (in das Leben eines Wandermönchs) und die Mönchsweihe im Beisein des Erhabenen. Und nicht lange nach seiner Zulassung - allein Wohnung Und nicht lange nach seiner Aufnahme - als er alleine, zurückgezogen, umsichtig, eifrig und entschlossen verweilte - erreichte er in kurzer Zeit das höchste Ziel des heiligen Lebens, für das Sippenmitglieder zu Recht vom häuslichen Leben in die Hauslosigkeit ziehen, und verblieb darin, es genau im Hier und Jetzt für sich selbst erfahrend und verwirklichend. Er wusste:
„Geburt ist beendet, das heilige Leben erfüllt, die Aufgabe erledigt.
Es gibt nichts weiteres um dieser Welt Willen."
Und so wurde der ehrwürdige Kassapa ein weiterer Arahant.
Anmerkungen
(1) Acela: Einer ohne Tuch. Oft als ‚nackt’ übersetzt, aber wie MN 45
aufzeigt, könnte eine solche Person Kleidungsstücke, die aus etwas anderem als
Tuch gemacht sind, tragen.
(2) Diese Aussage
ist eine Vernichtungstheorie, insofern dass sie unterstellt, dass die
persönliche Identität einfach nur eine Reihenfolge ganz verschiedener Personen
ist. Die eine verschwindet, um von einem
anderen wiederholt im Laufe der Zeit ersetzt zu werden.
In anderen Worten X, welcher die Tat getan hat, deren
Früchte X jetzt erlebt, ist ein ganz anderer X als X, welcher es jetzt
erlebt. Der erste X ist verschwunden und
wurde durch einen anderen ersetzt. Der Buddha vermeidet diesen Fehler - und den
Fehler Ewigkeitstheorie von Selbst Verursachung - indem er sich weigert, sich
in Fragen der persönlichen Identität zu verstricken lassen.
translated from the Pali by Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung aus dem Englischen nach Thanissaro Bhikkhu