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Gotama Sutta

Gotama

„Mönche, vor meinem Erwachen, als ich noch nur ein unerwachter Bodhisattva war, kam in mir die Eingebung auf:
,Wie ist diese Welt doch ins Elend geraten!  Man wird geboren, altert und stirbt, man scheidet ab und entsteht, aber man erkennt keinen Ausweg aus dem Stress (dukkha), aus der Alterung und dem Tod.  Ach, wann wird man den Ausweg aus dem Stress, aus der Alterung und dem Tod erkennen?’

„Dann dachte ich mir:
‚Alterung und Tod bestehen, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommen Alterung und Tod?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Alterung und Tod bestehen, wenn Geburt vorhanden ist.  Von Geburt als erforderliche Bedingung kommen Alterung und Tod.’  (1)

„Dann dachte ich mir:
‚Geburt besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Geburt?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Geburt besteht, wenn Werden vorhanden ist.  Von Werden als erforderliche Bedingung kommt Geburt.’

„Dann dachte ich mir:
Werden besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Werden?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Werden besteht, wenn Anhaften vorhanden ist.  Von Anhaften als erforderliche Bedingung kommt Werden.’

„Dann dachte ich mir:
Anhaften besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Anhaften?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Anhaften besteht, wenn Begehren vorhanden ist.  Von Begehren als erforderliche Bedingung kommt Anhaften.’

„Dann dachte ich mir:
Begehren besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Begehren?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Begehren besteht, wenn Gefühl vorhanden ist.  Von Gefühl als erforderliche Bedingung kommt Begehren.’

„Dann dachte ich mir:
Gefühl besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Gefühl?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Gefühl besteht, wenn Kontakt vorhanden ist.  Von Kontakt als erforderliche Bedingung kommt Gefühl.’

„Dann dachte ich mir:
Kontakt besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Kontakt?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Kontakt besteht, wenn die sechs Sinnesträger vorhanden sind.  Von den sechs Sinnesträgern als erforderliche Bedingung kommt Kontakt.’

„Dann dachte ich mir:
Die sechs Sinnesträger bestehen, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommen die sechs Sinnesträger?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Die sechs Sinnesträger bestehen, wenn Name und Form vorhanden sind.  Von Name und Form als erforderliche Bedingung kommen die sechs Sinnesträger.’

„Dann dachte ich mir:
Name und Form bestehen, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommen Name und Form?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Name und Form bestehen, wenn Bewusstheit (viññana) vorhanden ist.  Von Bewusstheit als erforderliche Bedingung kommen Name und Form.’

„Dann dachte ich mir:
Bewusstheit besteht, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommt Bewusstheit?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Bewusstheit besteht, wenn Gebilde (sankhāra) vorhanden sind.  Von Gebilde als erforderliche Bedingung kommt Bewusstheit.’

„Dann dachte ich mir:
‚Gebilde bestehen, wenn was vorhanden ist?  Wovon als erforderliche Bedingung kommen Gebilde?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Gebilde bestehen, wenn Unwissenheit vorhanden ist.  Von Unwissenheit als erforderliche Bedingung kommen Gebilden.’

„Somit:
Von Unwissenheit als erforderliche Bedingung kommen Gebilde (sankhāra).  
Von Gebilden als erforderliche Bedingung kommt Bewusstheit (viññana).
Von Bewusstheit als erforderliche Bedingung kommen Name und Form.
Von Name und Form als erforderliche Bedingung kommen die sechs Sinnesträger.  
Von den sechs Sinnesträgern als erforderliche Bedingung kommt Kontakt.  
Von Kontakt als erforderliche Bedingung kommt Gefühl.  
Von Gefühl als erforderliche Bedingung kommt Begehren.  
Von Begehren als erforderliche Bedingung kommt Anhaften/Ernährung.  
Von Anhaften/Ernährung als erforderliche Bedingung kommt Werden.  
Von Werden als erforderliche Bedingung kommt Geburt.  
Aus Geburt als erforderliche Bedingung erfolgen Alterung, Tod, Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung.
Derart ist die Entstehung dieser ganzen Fülle an Stress und Leiden.

„Entstehung, Entstehung, in mir kam Schauung, kam Einsicht, kam Erkenntnis, kam Kenntnis, kam Erleuchtung in Bezug auf noch nie zuvor vernommene Dinge auf.

„Dann dachte ich mir:
‚Alterung und Tod bestehen nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Alterung und Tod?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Alterung und Tod bestehen nicht, wenn Geburt nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Geburt kommt die Beendigung von Alterung und Tod.’

„Dann dachte ich mir:
Geburt besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Geburt?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Geburt besteht nicht, wenn Werden nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Werden kommt die Beendigung von Geburt.’

„Dann dachte ich mir:
,Werden besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Werden?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Werden besteht nicht, wenn Anhaften nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Anhaften kommt die Beendigung von Werden.’

„Dann dachte ich mir:
‚Anhaften besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Anhaften?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Anhaften besteht nicht, wenn Begehren nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Begehren kommt die Beendigung von Anhaften.’

„Dann dachte ich mir:
‚Begehren besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Begehren?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Begehren besteht nicht, wenn Gefühl nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Gefühl kommt die Beendigung von Begehren.’

„Dann dachte ich mir:
Gefühl besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Gefühl?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Gefühl besteht nicht, wenn Kontakt nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Kontakt kommt die Beendigung von Gefühl.’

„Dann dachte ich mir:
Kontakt besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Kontakt?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Kontakt besteht nicht, wenn die sechs Sinnesträger nicht vorhanden sind.  Von der Beendigung der sechs Sinnesträger kommt die Beendigung von Kontakt.’

„Dann dachte ich mir:
Die sechs Sinnesträger bestehen nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung der sechs Sinnesträger?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Die sechs Sinnesträger bestehen nicht, wenn Name und Form nicht vorhanden sind.  Von der Beendigung von Name und Form kommt die Beendigung der sechs Sinnesträger.’

„Dann dachte ich mir:
Name und Form bestehen nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Name und Form?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Name und Form bestehen nicht, wenn Bewusstheit nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Bewusstheit kommt die Beendigung von Name und Form.’

„Dann dachte ich mir:
Bewusstheit besteht nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Bewusstheit?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
Bewusstheit besteht nicht, wenn Gebilde nicht vorhanden sind.  Von der Beendigung von Gebilde kommt die Beendigung von Bewusstheit.’

„Dann dachte ich mir:
‚Gebilde bestehen nicht, wenn was nicht vorhanden ist?  Von der Beendigung wessen kommt die Beendigung von Gebilden?’  Dann kam mir durch angemessene Aufmerksamkeit der Durchbruch zur Erkenntnis:
‚Gebilde bestehen nicht, wenn Unwissenheit nicht vorhanden ist.  Von der Beendigung von Unwissenheit kommt die Beendigung von Gebilden.’

„Somit:
Von der Beendigung von Unwissenheit kommt die Beendigung von Gebilden.
Von der Beendigung von Gebilden kommt die Beendigung von Bewusstheit.
Von der Beendigung von Bewusstheit kommt die Beendigung von Name und Form.
Von der Beendigung von Name und Form kommt die Beendigung der sechs Sinnesträger.
Von der Beendigung der sechs Sinnesträger kommt die Beendigung von Kontakt.
Von der Beendigung von Kontakt kommt die Beendigung von Gefühl.
Von der Beendigung von Gefühl kommt die Beendigung von Begehren.
Von der Beendigung von Begehren kommt die Beendigung von Anhaften/Ernährung.
Von der Beendigung von Anhaften/Ernährung kommt die Beendigung von Werden.
Von der Beendigung von Werden kommt die Beendigung von Geburt.
Durch die Beendigung von Geburt erlöschen Alterung, Tod, Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung.
Derart ist die Beendigung dieser ganzen Fülle an Stress und Leiden.

Beendigung, Beendigung.  In mir kam Schauung, kam Einsicht, kam Erkenntnis, kam Kenntnis, kam Erleuchtung in Bezug auf noch nie zuvor vernommene Dinge auf.“


Anmerkungen des Übersetzers

(1)  Die Aussagen -
‚X bist, wenn X ist’ und
‚X bist nicht, wenn X nicht ist’ -
erscheinen als Teil der allgemeinen Kausalgesetzmäßigkeit - idappaccayatā , dies/das Kausalität - welche der Entstehung in Abhängigkeit als Ganzes zugrunde liegt.  Bei dieser Kausalgesetzmäßigkeit sind diese Aussagen mit zwei anderen Aussagen gepaart -
‚durch das Entstehen von X kommt Entstehen von Y’ und
‚durch die Beendigung von X kommt die Beendigung von Y’.

Die ersten zwei Aussagen können auf zwei Arten gelesen werden, im weiteren oder präzisen Sinn.
Wenn man sie im weiteren Sinn liest, können sie bedeuten, dass die Existenz von X die Bedingungen schafft, dass Y irgendwann einmal existiert; wenn die Existenz von X aufhört, schafft dies die Bedingungen, dass die Existenz von Y erzeugt irgendwann einmal aufhört.  Wenn man sie auf diese Weise liest, sind die Aussagen äquivalent mit dem zweiten Paar der Aussagen.
Die daraus resultierende Interpretation der diese/jene Kausalität hat jedoch sehr wenig erläuternde Mächtigkeit, denn sie kann nicht Buddhas Ablehnung des Determinismus begründen (siehe MN 101 und AN 3.62)) noch kann sie die Komplexität des Rückführkreis der detaillierten der Kausalitätsdarstellungen des Buddhas begründen.

Wenn man sie im präzisen Sinn liest, können diese Aussagen jedoch bedeuten, dass Y zeitgleich mit X entstehen wird und dass die Existenz von Y zeitgleich mit der Existenz von X aufhören wird.  Wenn man sie auf diese Weise liest, enthält die dies/das Kausalität das Zusammenspiel von zwei ziemlich unterschiedlichen Kausalgesetzmäßigkeiten, welche weitreichlich sowohl die Komplexität als auch die nicht-deterministische Natur der kausalen Zusammenhänge, wie sie in den Lehren des Buddha beschrieben sind, erklärt. (Siehe Einführung von The Wings to Awakening für eine Erörterung dieses Themas.)

Allerdings hat man argumentiert, dass diese zweite Leseweise ungültig ist, da sie offensichtlich nicht auf die Aussage zutrifft, dass das Altern und Tod besteht, wenn Geburt vorhanden ist, denn das Altern und der Tod eines Wesens können offensichtlich viele Jahre nach der Geburt auftreten.  
Dieses Argument ignoriert jedoch die Möglichkeit, dass der Buddha in diesem Absatz ist sich auf das Entstehen, den Verfall und das Vergehen momentaner Geisteszustände bezieht, die so schnell auftreten können, dass der Prozess des Alterns und des Tods auf dieser Ebene gleichzeitig mit dem Prozess der Geburt aufträte.

Diese Interpretation wird durch zwei Überlegungen unterstützt.  
Die erste ist, dass der Buddha diese Einsicht als einen ‚Durchbruch zur Erkenntnis’ bezeichnet, was kaum für die allgemeine Beobachtung, dass das Altern und der Tod er Geburt folgen gelten würde.  
Die zweite Überlegung ist, dass in SN 23.02, der Buddha sagt, dass man zu einem ‚Wesen’ wird, wenn auch immer man in Begierde nach einem der Anhäufungen gefangen ist.  Weil dies ein rein geistiger Vorgang ist und weil die einzelnen Anhäufungen und ihre begleitenden Begierden sehr schnell entstehen und vergehen können - SN 22.95 vergleicht das Entstehen und Vergehen der Gefühle mit dem dahinschwindenden Erscheinen und Verschwinden von Blasen, welche durch Regen, der auf Wasser auftrifft, verursacht sind - könnte das Altern und der Tod eines ‚Wesens’ auf dieser Ebene könnte sehr leicht gleichzeitig mit seiner Geburt auftreten.


translated from the Pali by Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung aus dem Englischen nach Thanissaro Bhikkhu